Eintauchen in die Bibel

Alles war vorbereitet: Sieben Schöpfungstage auf fünf Kita-Tage verteilt, das rote Erzählzelt vom Theomobil e.V. organisiert – und dann das: Corona hat der geplanten Kinderbibelwoche auf Verbundebene der Pfarrei St. Ludger in Selm einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Wir wollten, dass die Kinder den Glauben einmal anders erleben“, hatte sich Verbundleitung Pia Althoff auf die Woche gefreut. „Montags hatten wir die Eröffnung im Erzählzelt geplant und freitags dann den Abschlussgottesdienst in der Kirche.“ Stattdessen saßen die Kinder zu Hause und die Erzieherinnen und Erzieher in den sechs Kitas des Verbunds. „Die Enttäuschung war groß.“

Dabei hatte sich Pia Althoff zusammen mit ihren Erzieherinnen und der Pastoralreferentin Nicole Thien alles so gut überlegt und geschaut, wie sie die Schöpfungsgeschichte erlebbar machen könnten. Kreativ sollte es werden, mit basteln und malen, mit Wasser-Experimenten, um die biblische Erzählung von der Entstehung der Welt für die Kinder mit allen Sinnen im wahrsten Sinn des Wortes be-greifbar zu machen. 

„In der Kirche hört man zwar die alten, biblischen Texte. Aber die berühren einen nicht wirklich“, berichtet Erzieherin Ulla Rox. „Und dann habe ich am Erzählabend im Rahmen der `Erzählwerkstatt´ vom Aktionsprogramm Kita – Lebensort des Glaubens mit Thomas Hoffmeister-Höfener teilgenommen.“ Plötzlich wurden die Geschichten erlebbar, lebendig. „Auf diese Weise wurden die Figuren erfahrbar, ihre Emotionen spürbar“, ist Ulla Rox immer noch begeistert. Ein Abend, der zur Initialzündung wurde.
 
Denn als sich die Kitas zusammen mit der Pastoralreferentin die Frage stellten, was denn „Kita als Lebensort des Glaubens“ für die Einrichtungen konkret bedeute, kam die Idee der „Bibelstelle des Monats“ auf. Das Leitungsteam wählt dabei zusammen mit der Pastoralreferentin die Bibelstelle aus. „Dabei bietet die Form des Erzählens die Chance, die Bibelstelle auch für Erwachsene erfahrbar und deren Bedeutung für das eigene Leben erlebbar zu machen“, freut sich Pastoralreferentin Nicole Thien. 

„Und es ist eine gute Möglichkeit, zu schauen, was die alten Texte uns heute noch zu sagen haben. Spielerisch, nicht schulmeisterlich“, ergänzt Pia Althoff. Als Orientierungsrahmen für die Auswahl der Texte dienen zum einen die Feste des Kirchenjahres. „Es wird aber auch geschaut, wie Ereignisse des Kindergartenjahres durch biblische Geschichten eingerahmt werden können“, so die Verbundleitung weiter. So werde am Ende des Kindergartenjahres mit Beginn der Sommerferien die Geschichte von David und Goliath aus dem Alten Testament erzählt. „Bei uns sind die Kinder, die sich verabschieden, die Großen, die Riesen. In der Schule fangen sie aber wieder klein an. Mit David und Goliath- Geschichte wollen wir sie darauf vorbereiten und stärken.“ 

Und auch für die Kinder wird das Erzählen durch die pädagogischen Mitarbeiterinnen zum Erlebnis. „Vor ihren geistigen Augen entstehen Landschaften. Wir helfen mit wenigen Materialien nach“, berichtet Ulla Rox. So wurde Jerusalem mit Legosteinen angedeutet. „Hatten die da auch Spielplätze?“, fragten die Kinder, die die Geschichte auf ihr eigenes Leben übertrugen, in ihre Lebenswirklichkeit. „Das bleibt hängen. Die Kinder werden so in die Geschichte mitgenommen.“

Um die Geschichte länger präsent zu halten, kam das Team auf die Idee, die Textstelle in einer Art Schau-Fenster aufzubauen, einem kleinen Kasten mit einer weißen Klappe davor, die jedes Kind nach Belieben öffnen kann. „Diese Kästen gibt es in allen sechs Einrichtungen. Die Kinder schauen da gerne rein“, freut sich Pia Althoff. Zurzeit ist die Geschichte von Jesus und dem Sturm auf dem See Genezareth zu entdecken: ein Stück Holz als Schiff mit einem blau-weiß gestreiften Segel, das den blauen Stoffwellen trotzt. Steine symbolisieren Jesus und seine Jünger. „Ich hätte nie gedacht, dass das so funktioniert, dass sich die Kinder so darauf einlassen“, erzählt Ulla Rox. „Die Kinder wissen genau, welcher Stein für Jesus steht und schauen regelmäßig nach, ob der noch da ist.“ Mit Auswirkungen bis in das Zuhause der Kinder. „Die Kinder erzählen die Geschichten daheim nach. und bringen ihre Eltern mit in die Kita und zeigen ihnen das Bild“, ergänzt Nicole Thien. 

Das wünschen sich alle Beteiligten auch für die Kinderbibelwoche: dass die Geschichten anders, intensiver erfahrbar werden und so länger präsent bleiben. Die Woche soll bis in Familie hineinwirken – mit einem gemeinsamen Abschluss. „Die Kita ist Teilgemeinde der Pfarrei“, betont die Verbundleitung. Dass soll spürbar und sichtbar werden. Daher werden alle Gemeindemitglieder zum Abschlussgottesdient der Kinderbibelwoche mit eingeladen.“ Aufgeschoben ist nämlich nicht aufgehoben.