Fachtag zum Thema Vielfalt und Diversität in katholischen Kitas

„Wir können in unserer Kita nicht die Konflikte dieser Welt lösen, aber wir können vorleben, dass ein friedvolles Zusammenleben möglich ist“, hat es Nilgün Filiz, Leiterin der muslimischen Kita „Amana“ in Köln, im Laufe der zehnten Fachtagung des Aktionsprogramms „Kita – Lebensort des Glaubens“, die in der Münsteraner Akademie Franz Hitze Haus (FHH) durchgeführt wurde, auf den Punkt gebracht.

Gruppenbild Fachtag

Sebastian Mohr, Akademie Franz Hitze Haus und Begleitung des Kita-Aktionsprogramms, Fatma Özdemir, Erzieherin und Kulturmittlerin aus Münster, Dr. Timm Albers, Professor für inklusive Pädagogik, Uni Paderborn, Angelica Hilsebein vom Referat Christen und Muslime, Bistum Münster, Professor em. Albert Biesinger, Religionspädagoge, Uni Tübingen, Nilgün Filiz, Sozialpädagogin und Leiterin Familienzentrum Kita Amana, Köln, Kathrin Wiggering, Referentin des Kita-Aktionsprogramms und Mitarbeiterin im Diözesancaritasverband, Mehrnaz Koch-Kondazi, IK-Trainerin, ESE e.V. Münster und Dr. Ursula Bertels, Ethnologin, ESE e.V. Münster. (v.l.n.r.)

„Das Muslimische steht bei uns gar nicht so sehr im Fokus, sondern eher der interreligiöse Dialog“, berichtete Filiz den 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung „Mein Gott, dein Gott, kein Gott – Interreligiöse und interkulturelle Bildung in der Kita“ zum Thema Vielfalt und ihrem Umgang mit der Diversität. „Kinder unterschiedlicher Religionen und Kulturen besuchen die Kitas – auch im Bistum Münster,“ ergänzte Sebastian Mohr, Begleiter des Aktionsprogramms und FHH-Dozent. Der Fachtag hat aus früh- und religionspädagogischer Perspektive beleuchtet, wie „das Miteinander der Religionen gelingen kann und wo es dabei auch an Grenzen stößt“.

Dass es gelingen müsse, stand für Religionspädagoge Professor em. Albert Biesinger außer Frage. Daher sei die interreligiöse Bildung in den Kitas von „gesellschaftlicher Relevanz. Als Prophylaxe sozusagen.“ Denn die Kinder, die heute in die Kita gingen, würden das gesellschaftliche und politische Leben bis zur Jahrhundertwende beeinflussen. „Der Dialog zwischen den Religionen ist eine große Herausforderung“, gab Biesinger zu. Denn man müsse im eigenen Glauben verankert sein, um diesen kompetent weitergeben und bezeugen zu können und sprachfähig zu sein. Es müssten Kommunikationsräume geschaffen werden, um Vorurteilen vorzubeugen. Gegenseitige Besuche in Kirchen, Moscheen und Synagogen, eine Kultur der Gastfreundschaft fördere dabei ein friedliches Miteinander der Religionen. „Dafür braucht es eine interreligiöse Erziehung in den Kitas.“

Dr. Timm Albers, Professor für inklusive Pädagogik an der Uni Paderborn, erklärte dazu, dass „jedes Kind mit seiner individuellen Persönlichkeit willkommen ist“. Denn es sei der Anspruch des deutschen Bildungssystems, dass „kein Kind, kein Jugendlicher befürchten muss, ausgeschlossen zu werden“.

Ein hoher Anspruch, angesichts der Realität in Politik und Gesellschaft: „Ich spiele nicht mit Arschlöchern“, habe ein dreijähriges Kind auf dem Spielplatz gesagt, als es aufgefordert wurde, auch mit Kindern anderen Nationalität zu spielen. „Die Äußerungen des Kindes zeigen, dass es sich bereits gesellschaftliches ´Wissen` bezüglich der hierarchischen Differenzkategorien angeeignet hat und daher den Dialog zu Kindern anderer Nationalität ablehnt.“ Da stelle sich die Frage, wie das sein könne, wo doch Kinder eigentlich neugierig und unbefangen, gerade auch auf Kinder, die sie als anders als sich selbst wahrnehmen, zugehen? „Kinder übernehmen das, was sie von ihren Eltern hören und werden auf diese Art schon früh tendenziell beeinflusst.“ Das beginne schon bei der Geschlechter-Stereotypisierung, der Einteilung in Jungs und Mädchen und wie sie zu agieren hätten.

„Sie als Erzieherinnen und Erzieher, wir als Eltern haben die Chance und Aufgabe, diese Unterschiede ins Gespräch zu bringen und die Haltung der Kinder positiv zu beeinflussen“, nahm er alle Beteiligten in die Pflicht. Es gelte, auch in der Kita, Stereotype aufzudecken, Vorverurteilungen entgegenzutreten und Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenzen als Ressource wahrzunehmen. „Wir müssen das Muster ´wir und die anderen` durchbrechen und uns mit unseren eigenen Perspektiven und Vorurteilen auseinandersetzen“, forderte Albers.