„Es gibt Eltern, die ihren Kindern die Entscheidung überlassen, später selbst zu entscheiden, ob und an was sie glauben wollen. Die Eltern wollen sie nicht vorprägen“, sagte Georg Langenhorst, Professor für Religionspädagogik an der Universität Augsburg, zu Beginn seines Vortrags „Kinder brauchen Religion“ zu den 100 Erzieherinnen und Erziehern der katholischen Kirchengemeinde St. Lambertus in Ascheberg. Die Mitarbeitenden der fünf Kitas hatten sich im Pfarrheim zu einem Fachtag zum Thema „Kita – Lebensort des Glaubens“ versammelt. „Doch das klappt fast nie“, fuhr Langenhorst fort. Denn man könne eine Entscheidung nur dann treffen, wenn man Erfahrungen in dem Bereich gemacht habe. „Nicht im luftleeren Raum. Das Vorenthalten von religiösen Erfahrungen, religiöser Teilhabe kann eine defacto-Entscheidung gegen Religion sein, die Eltern bewusst oder unbewusst für ihre Kinder treffen“, brachte es der in Hamm geborene Religionspädagoge auf den Punkt.
„Und Kinder können ohne Religion aufwachsen. Gewiss. Aber welch bereichernde Dimension wird ihnen vorenthalten“, fuhr der Religionspädagoge fort. Kinder hätten nicht nur ein Recht auf Religion, „sie brauchen sie sogar“, betonte Langenhorst. Denn ohne Religion verkümmere eine grundlegende Dimension des Menschseins. „Dabei ist es wichtig, Kinder dabei zu unterstützen, ihre Ängste, Sehnsüchte und Fragen zu benennen und auszudrücken. Die Religion kann dafür eine Ausdrucksform sein und den Kindern dabei helfen, ihr Leben zu gestalten“, brach der Professor eine Lanze für die Religion.
„Das Religiöse ist wie die Musik eine Ur-Dimension des Menschen.“ Man könne ohne leben, aber beides sei im Menschen angelegt. „In beiden geht es um die Wahrnehmung unserer Wirklichkeit, das Empfinden, den Ausdruck und die Gestaltung der Wirklichkeit. Das, was wir in religiöser Erziehung, auch Früherziehung tun, ist etwas massiv Wichtiges für die Kinder. Der biblische Gott ist die Macht, die uns ein bedingungsloses ´Ja` zuspricht. Er ist ein Gott, der mich sieht.“ Durch Jesus wurde dieses ´Ja` konkret.
Verbundleitung Sandra Schulz sah den Fachtag daher auch als Chance der „Selbstvergewisserung. Gleichzeitig sollte er die Wichtigkeit der Religionspädagogik für unser Tun in den Kitas herausstellen, das eigene Profil zu schärfen“. Viele Eltern hätten keinen Bezug mehr zum Glauben, zur Kirche. Deshalb spiele die Religionspädagogik in den Kitas eine „immens wichtig Rolle. Und weil diese in der Ausbildung kaum eine Rolle spielt, nutzen wir diesen Tag, um den Erzieherinnen und Erziehern Ideen und Methoden an die Hand zu geben, um die Kinder gut religiös begleiten zu können.“
So zeigte Erzählerin Susanne Tiggemann von Theomobil e.V., wie Geschichten spannend und mitreißend den Kindern nähergebracht werden können, Ines Wellering aus Rheine veranschaulichte anhand der Methode „Godly Play – Gott im Spiel“, wie biblische Geschichten die Kinder auf eine Reise in die Zeit Jesu entführen können und Marcus Bleimann vom Kita-Aktionsprogramm erstaunte damit, dass auch ein Kirchraum so manches Abenteuer für die Kleinen bereithalten kann. Trauerbegleiterin Cécile Droste zu Vischering behandelte das Thema Tod und Trauer in der Kita in ihrem Workshop und Dr. Annette Höing von der Fachstelle Liturgie und Katechese im BGV bot in Ihrem Workshop die Möglichkeit zum Austausch über die Gestaltung kindgerechter Gottesdienste.
„Es war ein sehr bereichernder Tag für alle“, freute sich Schulz über den gelungenen Fachtag. „Es ist gelungen, den Erzieherinnen und Erziehern Anregungen und Tipps mit auf den Weg zu geben. Sie sind durch die Workshops und den Vortrag be- und gestärkt worden für ihr weiteres religionspädagogisches Tun in den Kitas.“
„Was ist jetzt also das Besondere an einer religiösen Erziehung in Ihren Kindertagesstätten?“, fragte Langenhorst am Ende. Er antwortete mit einem Zitat des israelischen Religionsphilosophen Martin Buber: „Jeder Mensch hält Ausschau nach einem Menschen, der ihm das Ja des Sein-dürfens zuspricht.“ Einfach gesagt bedeutet das, dass „wir einen anderen Menschen brauchen, weil wir auf dessen Zuspruch angewiesen sind. Den können wir uns nicht selber geben: nämlich das ´Ja`, die Zusage, ´du bist so wie du bist wichtig, du bist da und genau das ist gut`.“ Text: Jürgen Flatken