„Diese Ausbildung war mega großartig, von vorne bis hinten. Sie hat mein Herz berührt. Jetzt kann ich sagen: Ich bin Seelsorgerin“, erzählt Meike Stöfken, Einrichtungsleitung der Kita St. Paulus, Voerde, begeistert mit leuchtenden Augen während der feierlichen Zertifikatsübergabe in der Wasserburg Rindern. Denn „Seelsorge ist für mich ein Herzensthema.“ Die 46-Jährige hat mit zehn weiteren Kita-Leitungen und Erziehenden an dem knapp zehnmonatigen Pilotprojekt „Mehr als „zwischen Tür und Angel – Qualifizierung zur seelsorglichen Begleitung in katholischen Kitas“ vom Kita-Aktionsprogramm des Bistums Münster teilgenommen.
„Die Ausbildung richtet sich an hauptberufliche pädagogische Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter in katholischen Kindertageseinrichtungen im Bistum Münster. In insgesamt vier Modulen werden die Teilnehmenden auf ihre Aufgabe als seelsorgliche Begleiterin und Begleiter vorbereitet, setzen sich mit ihrem eigenen Glauben, ihren Fragen auseinander, üben seelsorgliche Gespräche, lernen Rituale kennen und beschäftigen sich mit einer möglichen Rolle als Seelsorgende und Seelsorgender in der Kita“, umreißt Marcus Bleimann, Leiter des Aktionsprogramms, die Inhalte der Ausbildung.
„Die Fortbildung versucht, auf einen Bedarf in der Fläche zu reagieren, von dem wir im Kontakt mit den katholischen Einrichtungen mitbekommen“, fährt Bleimann fort. Die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stünden Tag für Tag im engen Kontakt mit den Kindern und auch deren Familien. Und sie seien ganz selbstverständlich Ansprechpartner für so ziemlich alle Fragen, die das Leben zu bieten habe: existenzielle, spirituelle und religiöse. „Die Fortbildung macht so vor allem ein Angebot zur Professionalisierung für pädagogische Mitarbeitenden. Sie stärkt die seelsorgliche Arbeit vor Ort, aber auch die Zusammenarbeit mit den pastoralen Hauptamtlichen, die als Mentorinnen und Mentoren, die seelsorglichen Begleiter in den Kitas unterstützen. In der seelsorglichen Begleitung in den Kitas liegt eine Chance für die Weiterentwicklung des katholischen Profils der Einrichtungen, aber auch der Pastoral insgesamt an einem Lebensort des Glaubens.“
„In der Fortbildung habe ich mich auch persönlich weiterentwickelt“, blickt Stöfken glücklich auf die vergangenen Monate zurück. „Und meinen Glauben.“ So sei sie bibelfester geworden und habe gelernt, wie man mit Bibelstellen umgehen könne, „um diese ins Heute zu übersetzen“. Darüber hinaus hätten alle Teilnehmende eine „ordentliche Schatzkiste“ gefüllt mit Informationen und Materialien. „Handwerkszeug, das uns dabei unterstützt, Gottesdienste und Impulse in der Kita zu gestalten. Aber auch, wie man seelsorgliche Gespräche führt, wie man Menschen in Krisensituationen wie Tod und Trauer begleitet.“ Eine ausgewogene Mischung zwischen Theorie und Praxis.
„Großartig“ sei auch der Austausch innerhalb der Gruppe gewesen. „Es war schön zu sehen, wo die anderen sich befinden, mit welchen Fragen die sich beschäftigen und dabei gemeinsam auf dem Weg sein.“ Begleitet wurden die Erziehrinnen und Erzieher durch Supervisorinnen, die ihnen mit Rat und Tat zu Seite standen. „Ich habe eine Menge Mut gewonnen, um vor vielen Menschen zu meinem Glauben zu stehen und darüber zu reden. Davor hatte ich immer Angst. Ich bin mutiger geworden“, blickt Stöfken dankbar zurück. „In der Supervision habe ich mich meiner Angst gestellt – und sie überwunden.“
„Ich gratuliere den Kitas dazu, dass sie solche engagierten, menschennahen Mitarbeitenden haben“, freut sich Renate Hirt, Ausbildungsleiterin und Supervisorin, über den Zusammenhalt und den Lerneifer innerhalb der Gruppe. „Alle verfügen über eine hohe emotionale Kompetenz. Gleichzeitig sind sie bereit, sich auch glaubenstechnisch einzubringen. Es ist gut, dass es Menschen wie diese elf gibt, die ihren Glauben, gestärkt und ermutigt, weitergeben möchten.“ In den Kitas seien sie oft Einzelkämpfer. „Hier konnten sie sich gegenseitig vernetzen und stärken. Sie sind mir wirklich ans Herz gewachsen.“ Und gereift. So hätten die Teilnehmenden gelernt, seelsorgliche Gespräche zu führen, auch zu schweren Themen wie Tod und Trauer. „Ich nehme wahr, dass sich deren Selbstbild im Laufe der Zeit verändert hat“, berichtet Hirt. „Auch durch die Bestärkung aus der Gruppe heraus: du machst es gut.“
„Ich wollte bei uns in der Kita einen wirklichen Lebensort des Glaubens zu schaffen“, erzählt Stöfken von ihrer Idee, im Außenbereich eine kleine Holzkirche zu errichten. „Jede und jeder von uns sollte ein Projekt verwirklichen. Wir haben ein großes Außengelände mit Tankstelle und Baustelle, warum nicht auch eine Kirche?“ Gesagt getan: Aus einer Holzhütte mit Werkstatt wurde eine kleine Kirche. „Die Eltern treffen sich jetzt da, um ihre Kinder abzuholen. Die Erziehenden können dort den Glauben weiterentwickeln. Und Kita-Kinder spielen dort Gottesdienste nach“, freut sich die Einrichtungsleitung darüber, dass die Kita-Kirche, die ihre Partnerin gebaut hat, so angenommen wird. „Wir haben sogar eine Glocke, um zum Gottesdienst einzuladen.“
Platz sei Innen für zwölf Kinder und zwei Erziehende. „Gottesdienste feiern wir dann mit allen vor der Kirche“, erzählt sie lachend, um dann plötzlich ernst zu werden. „Ich habe diese Fortbildung ja nicht gemacht, um mehr Geld zu verdienen. Ich habe daran teilgenommen, weil es meine Überzeugung, meine Herzensangelegenheit ist.“ Beim Glauben sei das Fundament wichtig. Und: „Ich kann es selber nur vermitteln, weil ich ein gläubiger Mensch bin.“ Daher möchte sie nun statt Räuber Hotzenplotz Bibelgeschichten wieder lebendig machen. Und auch die neuen Kolleginnen glaubenstechnisch mitzunehmen, sie zu stärken und zu ermutigen. „Ich selber habe durch die Ausbildung und die Gruppe wieder zum Glauben gefunden. Ich bin wieder auf dem Weg, der mir guttut, den ich brauche“, bricht es überwältigt aus ihr heraus. „Mehr als zwischen Tür und Angel“, das kann Stöfken nur unterschreiben.
Info: Im September startet ein neuer Kurs. Weitere Infos zu Inhalt und Anmeldung finden Sie hier.