Wenn das Leben geht... Abschied, Trauer, Sterben, Tod und natürlich Himmel in der Kita

„Ist doch gar nicht so schlimm“, tröstet Tim (4) seinen Papa, der den verstorbenen Kater betrauert: „Risto kuschelt jetzt mit Oma Connie im Himmel!“
Solche und ähnliche Beispiele können aus Familie und Kita zahlreich berichtet werden. Wir kommen an den Themen Abschied, Sterben, Trauer und Tod nicht vorbei – selbst die Jüngsten kommen mit diesen Erfahrungen in Berührung. Sei es wegen verstorbener Haustiere oder geliebten Situationen und Menschen, von denen sie sich täglich oder auch endgültig verabschieden müssen. 

Besonders der Herbst, in dem sich die Welt stark verändert, katalysiert die religiösen Fragen und Ideen der Kinder. So stellt die sechsjährige Sophia beispielsweise fest: „Das Leben fällt jetzt bald von den Bäumen runter und im Frühling kommt es wieder. Das ist wie bei Jesus!“ 
Auch der kirchliche Jahreskreis greift das vergehende Leben Anfang November mit dem Todesgedenken an Allerseelen und Allerheiligen (eigentlich das Fest aller Heiligen) auf. 

Bei einem Besuch auf dem Friedhof bringen Kinder Kerzen zu ungepflegten Gräbern. 
Die Kinder sind sichtlich davon bewegt. Ina (5): „Denkt denn keiner mehr an die?“ Bei der Wahrnehmung von Betroffenheit anderer zeigen Kinder ihre sensiblen Antennen: „Wenn der [Gott] die Kinder holt, sind die Eltern ganz traurig!“ erklärt Luca (4).

Viele Kinder haben großes Interesse an der faszinierenden und zugleich erschreckenden Thematik. Sie wollen die Grenzen ihrer Welt ergründen und überschreiten. Sie fragen sich was danach kommt. Sie machen sich auch bereits im Alter von unter drei Jahren Vorstellungen vom Himmel. In einem gebastelten Piratenschiff sitzend, unterhalten sich die zweijährigen Freunde Matz, Tobi und Till über den Weg dorthin: „Ich mit dem Radlader“, ruft Till. „Nein, mit Schaufelbagger“, sagt Tobi. Matz überlegt und erwidert dann mit sichtlicher Gewissheit: „Mit Leiter!“. Auch die Dinge und Personen, die die drei Jungen im Himmel erwarten, sind genauestens umrissen: Geschenke, Wolken und Sankt Martin.

Aktion nicht erst bei Betroffenheit 
Was passiert, wenn das Leben geht, ist eine wichtige Thematik für die Kita. Denn hier leben die Kinder ihre individuellen Emotionen. Hier können Eltern und Großeltern ihre Unsicherheiten äußern und Unterstützung suchen. Denn die Berührungsängste zu diesen Themen haben nicht die Kinder, sondern eher wir Erwachsenen. Deshalb ist es wichtig, dass sich ein Kitateam nicht erst im  akuten Fall mit positiven Bildern, Himmelsvorstellungen, und der Frage „Was nun?“ auseinandersetzt. 
-    Wie mit den Kindern darüber sprechen?
-    Wie betroffenen Familien Hilfe anbieten?
-    Wann und wo über eigene Betroffenheit ins Gespräch kommen?

Eine gute Vorbereitung ist hier hilfreich, um in einer meist emotional herausfordernden Situation handlungsfähig zu sein. Unterstützend gibt es dazu natürlich zahlreiche Fortbildungsveranstaltung und hilfreiches Material. Tipps von uns finden Sie hier auf der Homepage
Wichtig ist es für den akuten Fall vorbereitet zu sein, z.B. mit einer Notfallcheckliste, die ohne viel Nachdenken zu Hand genommen und abgearbeitet werden kann. Hilfreich sind dabei besonders auch Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner aus dem Pastoralteam, die bei Bedarf in die Kita kommen, um das Team, Eltern und Kinder zu begleiten oder entsprechende Notfallseelsorger vermitteln. Auch Kontakte zu Hospizen oder Hospizdiensten oder (Kinder-)Trauergruppen können zur eigenen Unterstützung oder, um Eltern und Kinder bei Bedarf an diese zu verweisen, hilfreich sein.

Todes- und Himmelvorstellungen von Kindern 
Um Eltern und Kinder adäquat begleiten zu können, ist das Hintergrundwissen der Fachkräfte zum Thema Todesvorstellungen und Trauern von Kindern ebenso wichtig, wie Zeit und Raum für die Trauer. Denn mit der Frage nach dem Tod und dem Danach, können Kinder an ihre Gedankengrenzen kommen. Für eine alters- und entwicklungsgerechte Begleitung von Kindern in diesem Themenfeld hilft eine Atmosphäre, die das Kind ernst nimmt und zugleich authentisch ist und zum Beispiel die Berührungsängste der Erwachsenen respektiert.

0 bis 1 Jahr
Vorstellungen des Kindes:
- kein Verständnis für die Zeit und von daher keine konkrete Vorstellung 
- jedoch sensibles Wahrnehmen von Stimmungen, wie Traurigkeit 
- körperliche Reaktion auf Verlust und Verlassen werden

Unterstützungsmöglichkeiten:
- Aufbau von Ur-vertrauen 
- feste Bezugspersonen 
- körperliche Nähe 

2 bis 3 Jahre
Vorstellung des Kindes:
- Tod wird mit Schlaf oder kurzzeitigem „Weg sein“ gleichgesetzt
- Entwickelung von Trennungsängsten 
- Empathie -> „Ich kann andere trösten, mit dem was mich tröstet!“
- Unbeschwertheit -> alles kommt zurück

Unterstützungsmöglichkeiten:
- Achtsamkeit in der Wortwahl! Umschreibungen wie „entschlafen“, Reise machen“,
  „von uns gegangen“ für den Tod vermeiden
- den Tod nicht tabu-isieren

3 bis 5 Jahre
Vorstellungen des Kindes:
- das Thema Tod und alles was damit zusammenhängt (auch die Trauer von Erwachsenen)will erforscht werden
- der Tod ist nicht endgültig, sondern umkehrbar
- gleichzeitige Entwicklung von Ängsten -> „Wird man nach dem Tod einfach in ein Loch geworfen?“

Unterstützungsmöglichkeiten:
- Sicherheit vermitteln
- Antworten auf Fragen der Kinder behutsam beantworten und gemeinsam nachdenken 
- Im Trauerfall unbedingt Abschied ermöglichen

5 bis 8 Jahre
Vorstellungen des Kindes:
- Persönliche Betroffenheit bei Trauererfahrungen von Anderen -> auch mir kann das   passieren
- Beginnendes Verständnis für die Endgültigkeit des Todes
- Wissen über die Biologie des Sterbens 
- Verlustangst und zugleich großes Interesse am Thema

Unterstützungsmöglichkeiten:
- Behutsamer Umgang mit Ängsten -> verstärkter Einsatz von Bilderbüchern
- Gemeinsam positive Bilder entwickeln und an Vorstellungen arbeiten
- Rituale und Symbole festigen, die in angstvollen Situationen helfen können (Gebet, Weihwasser, Schutzengel etc.)


► Einen schönen Einstieg dazu gibt das Bilderbuch „Wo die Toten zu Hause sind“. Schnuppern Sie gemeinsam mit unserer Referentin Viola Fromme-Seifert durch dieses Video in das Buch.
► Für die Vorbereitung im Team, Elterncafés oder Elternabende können die Themenkarten „Trauerarbeit mit Kindern“ Impulse bieten. Sie werden in diesem Video vorgestellt. 
► Wenn Sie gerne mit Bodenbildern arbeiten, sich religiöses Verbrauchsmaterial für Kinder und Eltern wünschen und dies gerne direkt griffbereit in der Kita haben wollen, gibt es hierfür die Trauertasche des Verlags Junge Gemeinde.
► Beispiele für Gebete mit traurigen Kindern gibt es in diesem Video

          

Glauben an die unsterbliche Seele 
Was Kinder im Notfall trösten kann, und was sie (wie im Eingangszitat sichtbar) auch gerne weitergeben, ist ihr Glaube an die unsterbliche Seele: „Ich habe Gott letztens gesehen, er war mit mir und meiner toten Oma spazieren!“ Erwachsene können Kinder darin unterstützen, ihre eigenen Glaubensvorstellungen weiterzuentwickeln oder zu entdecken. Hilfreich sind dabei Geschichten zur Seele (wie beispielsweise der Seelenvogel), Rituale für Situationen von Traurigsein und Vermissen, Segenswünsche, Phantasiereisen in den Himmel, Mutmach-Spiele und Eltern-Kind-Aktionen (z.B. der Himmel im Schuhkarton). 

Ein schönes Praxisbeispiel, das dem Aktionsprogramm von der pädagogischen Fachkraft Ricarda Würde eingereicht wurde, ist die Seelenausstellung aus dem KatholischenKindergarten St. Johannes in Duisburg Homberg. Hier haben sich Kinder und Eltern intensiv und mit Freude die Frage gestellt, was sie selbst im Inneren und damit ihre Seele ausmacht. Die Ergebnisse wurden durch lebensgroße Abbildungen der Seele an Glasflächen der Kitas ausgestellt. 

 

Tipp für den Notfall:
Ein empfehlenswertes „Akutbuch“ mit Maßnahmenpläne für den Todesfall im Nahbereich der Kita und vielen hilfreichen Informationen zu Todesverständnis und Trauerphasen bei Kindern bietet „…plötzlich mit dem Tod konfrontiert. Leitfaden für Kitas mit Notfallplänen, Checklisten und Hilfen zur Trauerbegleitung“, geschrieben von den Autorinnen Margret Färber und Martina Lutz, erschienen im Don Bosco-Verlag. Ähnliches beinhaltet auch die Broschüre „Sterben, Tod und Trauer im Kindergarten. Begleitbuch für Erzieherinnen und Erzieher von Cécile Droste zu Vischering und Gerlinde Dingerkus. Die Broschüre aus dem Jahr 2013 kann kostenfrei über alpha(at)muenster.de bestellt werden.